Kann generative KI eine seriöse Unterstützung im Content Marketing sein? Werden zeitaufwändige Recherchen und Schreibblockaden Dinge der Vergangenheit? Was künstliche Intelligenz aktuell noch davon abhält, die gesamte Kreation zu übernehmen.
Ein kurzer Text für ein Newsletter-Mailing, eine Beschreibung für einen Posting auf Social Media oder der Content auf einer Landingpage: Marketingverantwortliche in Unternehmen oder Contentdienstleister müssen im Alltag ständig Inhalte schaffen, häufig kurzfristig oder repetitiv. Nichts liegt da heute näher, als diese lästigen Aufgaben einer KI zu überlassen. Viele tun dies bereits, im Studium und Arbeitsalltag werden generative KI-Tools ebenfalls immer allgegenwärtiger. Auch mich fragen Kunden immer häufiger, ob wir KI-Tools einsetzen. Die kurze Antwort ist: theoretisch ist ChatGPT ideal dafür, in der Praxis ist dies derzeit noch nicht immer eine gute Idee. Wenn sie KI als Copywriter einsetzen (wollen), sollten Sie diesen Artikel lesen.
Disclaimer: Dieser Artikel ist selbstverständlich keine Rechtsberatung, sondern ein allgemeiner Ratgeber
KI-Inhalte gehören Ihnen nicht
Der wichtigste Grund dafür liegt schlicht in der Compliance: Urheberrecht und Nutzungsrechte sind bei KI-generierten Inhalten schwer, beziehungsweise gar nicht abzusichern. Wir haben schlicht kein Urheberrecht an Inhalten, die eine generative KI erstellt hat, denn das Urheberrecht gilt nicht für Maschinen, sondern für natürliche Personen.
Inhalte, die Sie selbst erstellt haben und die keine Rechte Dritter berühren, gehören dagegen ganz Ihnen: Sie können diese nutzen, wie Sie möchten. Inhalte, die Sie zu einem bestimmten Zweck eingekauft oder in Auftrag gegeben haben, können Sie ebenfalls nutzen wie vereinbart. Umgekehrt könnten wir keine Inhalte mitsamt deren abgesicherter Nutzungsrechte anbieten, wenn wir diese Inhalte nicht selbst erstellt haben. Dies ist auch der Grund, warum wir keine Inhalte mit KI erstellen. Dennoch setzen auch wir KI ein, wie genau – dazu später mehr.
Bei KI-generierten Texten oder Bildern haben wir keinen Schutz des Urheberrechts und nur bedingte Nutzungsrechte. Hier bestimmen im Zweifel die Lizenzbedingungen des Anbieters und des jeweiligen Tarifs, wofür man die Inhalte nutzen kann. Das Compliancerisiko liegt hier zum einen darin, Nutzungsrechte an den Inhalten nicht nachweisen zu können. KI-Inhalte sind nie exklusiv, die Anbieter weisen in den Nutzungsbedingungen darauf hin, dass man keine Rechte daran schützen kann und Ergebnisse mehrfach vorkommen können.
KI kann versehentlich ein Plagiator sein
Noch deutlich konkreter und unangenehmer wird dies, wenn Unternehmen mittels der KI unbewusst einen Urheberrechtsverstoß begehen sollten. Denn KI kann Plagiate erstellen. Die Ergebnisse der KI basieren schließlich allein auf den Trainingsdaten. Zu Nischenthemen oder durch unglückliche Zufälle ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Absatz oder mehrere Sätze entweder sehr nah an einer Originalquelle sind oder mehrfach nahezu identisch generiert werden. Dies wäre Duplicated Content für mehrere Nutzer:innen.
Wenn es beispielsweise für ein Fachpaper nur wenig Input gibt, kann ein KI-Remix inhaltlich zu nah am Original sein – ein ungewolltes Plagiat. So wie dieses alte Beispiel der Bilder-KI Midjourney zeigt, die zu einem bestimmten Zeitpunkt nur eine einzige Vorstellung von einem afghanischen Mädchen hatte:
Den Anbietern ist diese Herausforderung bewusst. Deshalb bietet beispielsweise Open AI, der Anbieter von ChatGPT, eine Art Versicherung an: zahlende Kund:innen des Enterprise-Tarifs sollen bei möglichen Urheberrechtsproblemen Unterstützung erhalten. In der Praxis ist dies noch ein großes Fragezeichen. Im kostenlosen Modus sagt ChatGPT übrigens, dass Nutzerinnen und Nutzer selbst für mögliche Urheberrechtsverstöße haften, wenn sie die Inhalte verwenden.
Zugleich gibt es aktuell Widerstand von Medien- und Kulturschaffenden im Großen und Kleinen, die nicht möchten, dass ihre Inhalte für KI-Trainings benutzt und somit „zitiert“ werden könnten. Deshalb suchen AI-Unternehmen offizielle Partner, um Modelle rechtssicher zu trainieren. Insgesamt ist die technische Entwicklung momentan definitiv deutlich schneller als die gesellschaftliche und gesetzliche Auseinandersetzung damit.
KI weiß leider nichts
Ein anderer ganz wichtiger Punkt, der insbesondere bei Fachinhalten relevant ist: Generative KI ist keine Wissensmaschine! Es ist eine Kreationsmaschine, die anhand von Trainingsdaten und Wahrscheinlichkeiten sinnvoll klingende Inhalte aneinanderreiht und dabei sehr selbstbewusst klingt. Fakten müssen nicht stimmen, Wörter, Zahlen und Informationen nicht zwingend zusammenhängen. Dies nennt man „Halluzinationen“. Dabei sind die Modelle potenziell bereits enorm gut und verbessern sich aktuell rasant.
Möglicher Datenschutzverstoß durch ChatGPT-Anfrage
Vorsicht gilt auch dabei, sensible Inhalte als Prompt – also als Anfrage – in ChatGPT oder ähnliche Tools zu kopieren. Denn damit laden Sie diese Inhalte zu einem Anbieter hoch, der seinen Sitz und Serverstandort höchstwahrscheinlich nicht in der EU hat. Dies könnte ein Datenschutzverstoß oder auch ein Verstoß gegen Geheimhaltungspflichten sein. Viele Anbieter werten diese Daten für alle anderen User:innen aus. Insbesondere im Umgang mit sensiblen Vorgängen (beispielsweise unveröffentlichten Informationen zu einem anstehenden Produkt) ist dies ein absolutes Tabu.
ChatGPT neigt zum Schwafeln
Selbst wenn Nutzungsrechte, Datenschutz und Fakten kein Problem wären, sollte man Inhalte generativer KI nie ohne manuellen redaktionellen Prozess einsetzen. Denn im Regelfall sind die Ergebnisse in ihrer Tonalität und dem Stil nicht ideal für Zweck und Zielgruppe ausgerichtet. Oder um es ChatGPT in seinen Worten sagen zu lassen:
„Generative KI, insbesondere ChatGPT, transformiert das Content Marketing durch die Fähigkeit, Inhalte automatisiert zu generieren. Trotz ihrer Fortschritte und der enormen Zeitersparnis, die sie bietet, stoßen solche KI-Systeme jedoch an ihre Grenzen, wenn es um die Erstellung präziser und pointierter Formulierungen geht. Die Tendenz von ChatGPT, umfangreichere und manchmal ausschweifende Antworten zu generieren, kann dazu führen, dass die Inhalte weniger direkt und damit weniger wirkungsvoll sind.
Dies stellt insbesondere im Content Marketing, wo Klarheit und Überzeugungskraft entscheidend sind, ein Problem dar. Hinzu kommt, dass die Feinabstimmung und Personalisierung der Inhalte, um sie an spezifische Zielgruppen oder Markenidentitäten anzupassen, weiterhin menschliches Eingreifen erfordert. Somit, während generative KI-Technologien wie ChatGPT das Potenzial haben, die Landschaft des Content Marketings nachhaltig zu verändern, ist ihre Fähigkeit, ohne menschliche Überarbeitung konkret und pointiert zu formulieren, noch begrenzt.“
(Generiert mit GPT-4 Turbo)
Mit cleveren Prompt-Anpassungen kann man ChatGPT stilistisch in die gewünschte Richtung schubsen, aber selbst dann müssten immer noch Feinheiten manuell optimiert werden.
Wofür sich KI im Marketing ideal eignet
Wir möchten hier nicht nur Spielverderber sein, sondern auch realistische Anwendungsfelder zeigen, denn generative AI hat fantastisches Potenzial. Es ist trotz aller Hürden einfach möglich, generative KI auf unbedenkliche Art im Content Marketing zu nutzen. Man sollte sich hier auf die Stärken konzentrieren: beispielsweise Inspiration und Struktur finden, um daraus dann eigene Inhalte zu erstellen, die kein Compliance-Risiko tragen.
Es ist völlig unbedenklich, sich beispielsweise für die Inspiration aus Stichworten Formulierungsvorschläge machen zu lassen. Ideen für Überschriften oder Einleitungen. Oder Strukturvorschläge zu einem Thema zu erfragen und dies als Abkürzung zu nutzen, um nicht mit einer leeren Word-Datei zu starten. Auch auf diese Art spart KI Zeit und ermöglicht mehr Effizienz im Content Marketing. Abstrakte Hintergrundgrafiken für Präsentationen oder kurze Textabsätze für E-Mails und Co. dürften ebenfalls unkritisch sein.
Auch für den Bereich der generischen Stockbilder wie das Titelbild dieses Beitrags) kann künstliche Intelligenz schon aushelfen. Man sollte dies vielleicht nicht zu inflationär einsetzen, denn auch hier kann es zu viel werden.
Ideale Anwendungsfälle auf einen Blick:
- Inspiration für (Zwischen-)Überschriften finden
- Synonyme vorschlagen lassen
- Inhaltliche Struktur schaffen
- Transkriptionen von Gesprächsaufnahmen erstellen
- Einfache grafische Elemente für Präsentationen oder Videoübergänge